Warum ich für eine Leitung im öffentlichen Straßenraum zahlen muss …
Dreht man den Wasserhahn auf, so kommt klares Trinkwasser heraus, zieht man den Stöpsel des Abflusses, so läuft das gebrauchte Wasser, nunmehr schmutzige Abwasser ab und verschwindet aus dem Blickfeld. Viel mehr würde uns dazu auch nicht interessieren, wenn da nicht die Ausgaben für derlei Service wären. Ein Versuch, die juristisch komplizierten Vorgänge zu Beiträgen, Kostenerstattungen und Gebühren verständlich zu erklären….
Es wird dunkel im Dorf, in der Mitte des Dorfes, auf dem Dorfanger, sitzen die Leute ums Feuer und beraten. Sie reden über die neue Sporthalle für ihre Kinder, welche sie gemeinsam bauen wollen. Sie reden über die Verteilung des Ernteertrages und das nächste Dorffest. Und sie reden darüber, dass ihre Häuser dichter beieinander stehen als früher, dass nicht mehr kilometerweite Strecken zwischen den einzelnen Höfen liegen und es somit unsinnig wäre, wenn jeder für seine Wasserversorgung einen eigenen Brunnen bohrt und jeder für seine Schmutzwasserentsorgung eine eigene Kleinkläranlage betreibt. Vielmehr könne man doch einen gemeinsamen großen Wasserbrunnen bauen und das Wasser über Rohrleitungen zu den einzelnen Grundstücken befördern. Man könne ein gemeinsames großes Klärwerk bauen und das Schmutzwasser über Rohrleitungen dorthin bringen, um es dort zu reinigen.
Dies ist günstiger als die Einzellösungen, auch finanziell.
Die Leute besprachen die Idee noch lange und kamen zu dem Schluss, dass diese gemeinsame Ver- und Entsorgungsanlage gut ist.
Es muss sich nicht mehr jeder ständig darum kümmern, dass sein Brunnen auch funktioniert. Das Wasser wird im Wasserwerk gefiltert, die Pumpen befördern es auch in Gebiete, in denen Grundwasser nicht selbst gefördert werden kann.
Die Einwohner des Dorfes einigten sich auf diese Lösung. Sie besprachen, dass jeder das Recht haben solle auf einen Anschluss an die Leitungen. Natürlich nach und nach, es konnten schließlich nicht alle Leitungen gleichzeitig gebaut werden. Die Leute beschlossen auch, dass sich alle an der Versorgungs- und Entsorgungsanlage beteiligen sollen, nur so wäre das Ganze effektiv. Schließlich mache es keinen Sinn, wenn man in einer Straße eine Leitung verlegt, ein Grundstück ist angeschlossen, das nächste aber nicht, das übernächste wieder doch und das vierte wieder nicht.
Es wurden die Verlegung der Leitungen geplant und die Größe und Stärke der Rohre, der Ablauf der Bauarbeiten und die Reihenfolge der Straßen. Dann mussten die Dorfbewohner darüber sprechen, wer das alles bezahlen soll.
Sie waren sich schnell einig, dass weder Ihr Fürst, noch die Leute aus dem Nachbardorf etwas dazu geben würden. Es müssen wohl die bezahlen, die den Vorteil davon haben. Den Vorteil hat derjenige auf dessen Grundstück Wasser bezogen werden kann als auch Schmutzwasser abgeleitet. Also bleibt nur, dass alle im Dorf gemeinsam alles gemeinsam bezahlen.
Wie soll das nun aber verteilt werden.
Man einigte sich darauf, dass für die erstmalige Herstellung der Anlage jeder seinen Beitrag leisten müsse. Es wurden also Beitragszahlungen festgelegt. Die Grundstücke erlangten durch den Anschluss an die öffentliche Anlage einen höheren Wert, denn schließlich konnte man nun direkt im Haus Wasser beziehen und musste nicht erst mühsam seinen eigenen Brunnen bauen und sich morgens im Hof an der Pumpe bei kaltem Wasser waschen.
Zur Zahlung des Beitrags solle jeder einen Monat Zeit haben. Gezahlt werden soll pro Grundstück, da jedes Grundstück den Vorteil von der Anlage hat. Diese Beitragszahlungen wurden festgelegt, da für den Bau, also den Kauf von Material und die Bezahlung der Handwerker Geld da sein musste. Die Leute berechneten also, wie viel der Bau kosten werde. Dann stellten sie einen großen Topf neben das Feuer und jeder im Dorf sollte soviel Geld hinein legen, wie es der Größe, Lage und Bebaubarkeit seines Grundstücks entsprach.
Von dem Geld wurden das Wasserwerk, die Pumpen und Rohrleitungen in den Straßen und die technischen Bauwerke für das Fortleiten des Wassers bezahlt.
Für den Bau der Schmutzwasseranlage gab es einen zweiten Topf, in welchen jeder seinen Beitrag für die Herstellung der Anlage einzahlen musste.
Es waren sich alle darüber einig, dass für eine erneute Herstellung der Anlage, für die Verbesserung oder Erweiterung wiederum Beiträge in einen Topf einzuzahlen sind. Bevor etwas neu gebaut werden kann, muss man das Geld zusammengetragen haben.
Dann beschlossen die Leute im Dorf, dass bei der Wasserversorgung die Leitungen für die einzelnen Grundstücke, also die Hausanschlussleitungen, von jedem selbst bezahlt werden sollten. So war der Beitrag für die Hauptversorgungsleitungen und das Wasserwerk nicht so hoch. Die Kosten für die Hausanschlussleitungen sollten als Kostenerstattung in der Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten gezahlt werden.
Die Dorfbewohner wollten das so vereinbaren, da die Hausanschlussleitungen als die Verbindung zwischen der Hauptleitung in der Straße und dem Gebäude des Grundstückseigentümers nur diesem einen Vorteil bringen. Wäre das Haus nicht vorhanden, so wäre diese Hausanschlussleitung nicht notwendig. Wäre die Kostenerstattung für die Hausanschlüsse nicht gesondert berechnet worden, so müssten alle Einwohner des Dorfes gemeinsam diesen Hausanschluss bezahlen. Es wird auch berücksichtigt, dass die Bedingungen auf dem Grundstück unterschiedlich sind, das Haus steht manchmal auf dem hinteren Teil des Grundstücks und die Leitung ist dann sehr lang. Es kommt auch vor, dass die Hausanschlussleitung nicht in der Mitte der Straße beginnt, sondern etwas weiter in Richtung der gegenüberliegenden Straßenseite, weil die Versorgungsleitung nicht in der Straßenmitte liegt. In diesen Fällen ist die Hausanschlussleitung dann auf einer Straßenseite besonders lang und auf der gegenüber liegenden Seite besonders kurz.
Bei der Schmutzwasserentsorgung sollte keine separate Kostenerstattung für die Grundstücksanschlüsse gezahlt werden, der Schacht wird bei jedem Grundstück einen Meter hinter der Grundstücksgrenze gesetzt, also für alle gleich.
Die Kostenerstattung für die Hausanschlüsse bei der Wasserversorgung entsteht bei der Herstellung, Erneuerung, Veränderung, Beseitigung und Unterhaltung des Hausanschlusses. Somit sind auch Reparaturen am Hausanschluss vom Grundstückseigentümer zu bezahlen. Die Hausanschlussleitung befindet sich immer zu einem Teil im öffentlichen Straßenland, sonst könnte sie die Versorgungsleitung nicht erreichen; auch für diesen Teil sind anfallende Reparaturkosten zu bezahlen. Sind lange keine Reparaturen vorgenommen worden, kann schon mal ein größerer Betrag fällig werden. Die Dorfbewohner waren sich einig, dass man bei der Verteilung der Kosten immer beachten muss, wer den Vorteil aus der jeweiligen Leistung hat. Man darf auch nicht außer acht lassen, dass eine Verschiebung der Kostenhöhe auf einer Seite, zum Beispiel eine Entlastung bei der Kostenerstattung, eine Erhöhung der zu zahlenden Abgaben auf der anderen Position, um bei dem Beispiel zu bleiben also eine Erhöhung des Beitragssatzes, bedeuten würde.
Die Dorfbewohner überlegten sich, dass die neu gebaute Anlage nun auch technisch betrieben werden muss, in einem guten Zustand gehalten werden. Das Wasser muss im Wasserwerk gefördert, gefiltert und aufbereitet werden. Das Wasser muss dann über das Rohrnetz zu den einzelnen Grundstücken verteilt werden. Für die Nutzung des Wassers und die Ableitung des Abwassers sollten daher von den Grundstückseigentümern Gebühren gezahlt werden. Diese Gebühren sollten sich nach der Wassermenge richten und für das Nehmen und Halten des Anschlusses an die Anlage sollte eine Grundgebühr gezahlt werden. Denn auch dann, wenn jemand kein Wasser entnimmt, entstehen Kosten dafür, dass man jederzeit wieder den Wasserhahn aufdrehen könnte und Wasser entnehmen, wenn man es denn will, auch mitten in der Nacht und auch größere Mengen. Solche Kosten sind zum Beispiel der Strom für die Pumpen oder der Kauf einer Werkzeugtasche für Schlosserarbeiten.
Nur betriebsnotwendige Kosten sind in der Gebühr enthalten. Es darf kein Gewinn erzielt werden und kein Verlust entstehen. Alle Kosten, die bei den Anlagen anfallen, sind über Beiträge, Kostenerstattungen und Gebühren von den Leuten im Dorf zu bezahlen.
Die Gesamtkosten werden verteilt. Das bedeutet auch, dass Beiträge, Kostenerstattungen und Gebühren eng miteinander verbunden sind und nicht eines davon herabgesetzt werden kann ohne dabei eine andere Position zu erhöhen.
Zahlt ein Dorfbewohner seinen Anteil nicht, so müssen die anderen für ihn aufkommen. Kosten, die direkt einem Grundstück zugeordnet werden können sind auch direkt vom jeweiligen Grundstückseigentümer zu zahlen.
Die Dorfbewohner waren stolz auf ihre Wasserversorgung und Schmutzwasserentsorgung. Sie dachten zurück an die Zeiten, als in den großen Städten die Abwässer ungereinigt in die Flüsse und Bäche gekippt wurden, es erbärmlich stank und schlimme Krankheiten die Menschen belasteten. Sie würden es nun viel besser haben und im beheizten Badezimmer nur noch den Wasserhahn an der Wanne aufdrehen und danach den Stöpsel der Wanne ziehen. Das wird ein richtig schickes Leben, dachten sie sich und das Problem mit der Finanzierung werden wir gemeinsam lösen.